Interview mit Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer, Fakultät für Architektur und Bauwesen, Hochschule Karlsruhe - Teil 2/4

Im Interview mit Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer von der Fakultät für Architektur und Bauwesen der Hochschule Karlsruhe geht es um das Thema Building Information Modeling (BIM). Wir beleuchten den aktuellen Stand, zukünftige Entwicklungen, notwendige Voraussetzungen und die Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss. In unserem dreiteiligen Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer diskutieren wir diese und weitere relevante Fragen rund um BIM.

Kennen Sie Projekte, bei denen die BIM-Methode konsequent über den gesamten Bau- und Lebenszyklus eines Gebäudes umgesetzt wird?
Bei der TMM Group haben wir Projekte umgesetzt, die mit der BIM-Methode geplant, aber auf der Baustelle nicht weitergeführt wurden. Andererseits hatten wir Projekte, die wir nachträglich digitalisiert haben. Da wurde erst am Ende der Bauzeit das BIM-Modell erstellt, weil es für den Betrieb des Gebäudes gebraucht wurde. Dann haben wir den Bestand gescannt, das Gebäude entsprechend modelliert und die Objekte mit den betriebsrelevanten Daten angereichert. Das Modell wurde dann in die Betreibersoftware überführt, so konnte das Gebäude optimal betrieben werden.

Welche Erfahrungen haben Sie in „echten“ und komplett mit der BIM-Methode durchgeführten Bauprojekten bisher gemacht?
Unsere Erfahrungen sind sehr positiv. Wir haben einen sehr hohen Effizienzgrad, die Zentralisierung des Wissens zahlt sich aus. Wir haben uns im Vorfeld mit den Fachplanern abgestimmt, so dass die Schnittstellen funktionieren. Wir haben komplett modellbasiert kommuniziert, entsprechend keinerlei Pläne erstellt. Hätten wir zusätzlich noch Pläne erstellen müssen, wäre das ein großer manueller Aufwand gewesen. Diese 2D-Arbeiten hatten wir nur am Ende der Leistungsphase, weil das hier gesetzlich vorgeschrieben ist. Ich bin davon überzeugt, dass die jeweiligen Bauherren noch nie vorher in der Lage waren, sich so gut in ein Projekt einzubinden. Alles ist intuitiv verständlich und alle können auf eine gemeinsame Datenplattform zugreifen: Dalux. Mit dem integrierten Online-Viewer kann jeder einfach auf das Modell schauen und zum Beispiel Fragen dazu stellen. Das optimiert die Kommunikation und folglich auch die Kollaboration wesentlich.

Haben Sie ein Beispiel für den erreichten Effizienzgrad?
Nehmen wir zum Beispiel die Schlitz- und Durchbruchsplanung. Ein Bauprojekt hatte etwa 5.000 Quadratmeter Fläche. Das ist nicht so enorm groß, trotzdem ist eine Menge TGA enthalten. Wenn eine Person die Schlitz- und Durchbruchsplanung machen müsste, wäre sie sicher drei Monate damit beschäftigt. Mit einem Tool, das wir seinerzeit getestet und eingesetzt haben, konnten wir diese Zeit auf eine Woche reduzieren. Das ist ein immenser Effizienzgewinn, vorausgesetzt es funktioniert und es knirscht softwareseitig nicht an den Schnittstellen.

Wo sehen Sie den größten Unterschied in der Entwicklung, von der 3D-Planung hin zu BIM?
Das Entscheidende steckt im Namen: BIM bedeutet Building Information Modelling. Der wesentliche Unterschied liegt also in der enthaltenen Information. Auch in CAD kann man 3D-Modelle erstellen. Bei BIM „weiß“ aber die Wand, dass sie eine Wand ist, ein Fenster, dass es ein Fenster ist und ein WC, dass es ein WC ist. An den Objekten hängen auch die ganzen Informationen dazu. Das können zum Beispiel die Einbauzeit, die Kosten, die U-Werte oder der Energiedurchlassgrad sein. All das, was normalerweise vom Produkthersteller auf Papier in irgendeiner Schublade liegen würde oder als PDF irgendwo auf dem Server. Bei BIM sind die Informationen schon im Modell integriert.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Bauzulieferer?
Die größte Herausforderung für Zulieferer ist es, die Schnittstellen zu bedienen. Prinzipiell sollten sie ein Interesse daran haben, dass ihre Produkte im Gebäudemodell enthalten sind. Momentan achten Zulieferer nur darauf, dass die Planer mit den BIM-Daten für die Planung arbeiten können. Die Anforderungen sind allerdings vielfältiger. Zusätzliche Aspekte wie Ökobilanz, Lebenszykluskosten usw. sehen die meisten noch nicht. Außerdem sind die lebenszyklusübergreifenden Informationen nur ein Aspekt. Ein anderer Aspekt ist die geometrische Darstellung der Objekte. Die Objekte müssen derart aufbereitet sein, dass sie den relevanten Detaillierungsgrad für den jeweiligen Anwendungsfall bieten und auch die Komplexität ausreichend genau halten. Derart kann sichergestellt werden, dass auch mit anderen Tools eine Integration möglich ist. Sie sollten im Idealfall so aufbereitet sein, dass sich die verschiedenen Tools für Berechnungen oder Simulationen die benötigten Informationen aus den Familien herausziehen können. Grundsätzlich gilt: So kompliziert wie nötig und so einfach wie möglich.

Das war Teil 2 des Interviews. Über unsere Social-Media-Kanäle halten wir Sie gerne auf dem Laufenden.