Interview mit Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer, Fakultät für Architektur und Bauwesen, Hochschule Karlsruhe - Teil 4/4

Im Interview mit Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer von der Fakultät für Architektur und Bauwesen der Hochschule Karlsruhe geht es um das Thema Building Information Modeling (BIM). Wir beleuchten den aktuellen Stand, zukünftige Entwicklungen, notwendige Voraussetzungen und die Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss. In unserem vierteiligen Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Reinhard Wimmer diskutieren wir diese und weitere relevante Fragen rund um BIM.

Wo sehen Sie die wesentlichen Unterschiede, wenn Sie sich die BIM-Objekte von verschiedenen Bauzulieferern anschauen?
Das Wichtigste ist die Einhaltung der TGA-Richtlinie VDI 3805. Anhand dieser Richtlinie versucht die Branche, die gebäudetechnischen Komponenten herstellerneutral zu machen. Wenn wir also ein Produkt eines Herstellers nehmen würden, der den Standard nicht befolgt, dann hätten wir damit Probleme im Modell. Außerdem ist es wichtig, dass herstellerneutrale IFC-Datenformat zu bedienen. Die Stammdaten der Produkte müssen soweit optimiert sein, dass Fachplaner in der Lage sind, beispielsweise die Sanitärmodelle mit den Architekten optimal auszutauschen. Das heißt, nicht nur wir Gebäudetechniker sehen und verstehen, was das ist, sondern auch Architekten können die Daten in ihren Tagesplanungsmodellen ganz einfach einlesen.

In der TGA-Planung wird überwiegend mit der Software Revit von Autodesk gearbeitet. Warum ist ausgerechnet diese Software so verbreitet?
Es gibt auch andere gute Tools, aber Autodesk hat meiner Meinung nach einen sehr hohen Funktionsumfang, gerade im Bereich HLKS. Man muss es allerdings richtig anwenden können. Es ist ein Tool, das alle Gewerke bedient: Architektur, TGA, die Subgewerke, Brandschutzsimulation usw. Und es gibt verhältnismäßig wenige Schnittstellenprobleme mit anderen Tools innerhalb des Autodesk-Universums. Autodesk kommt allerdings aus den USA, deshalb sind noch nicht alle deutschen Normen und Richtlinien enthalten.

Was wünschen Sie sich konkret von Zulieferern?
An erster Stelle: die Größe der Familien reduzieren. Die geometrische Darstellungsweise müsste optimiert werden, damit die Modelle weniger schwerfällig werden. Außerdem stehen die Parametrisierung über den Lebenszyklus und die Ökobilanzdaten auf der Wunschliste. Nachhaltigkeit wird immer wichtiger, dieses Thema müsste deshalb aus meiner Sicht als nächstes angegangen werden.

Was würden Sie sich als TGA-Planer für die Zukunft in der BIM-Thematik ganz allgemein wünschen?
Meine beiden größten Wünsche: Dass dem Thema mehr Offenheit entgegengebracht und einfach mal ausprobiert wird. Dann wünsche ich mir noch, dass wir uns auf einen einheitlichen Standard festlegen. Wie schon am Anfang gesagt, die Überwindung der unterschiedlichen Welten, mit der wir im DACH-Raum leben. So viele Optionen zu haben ist zwar gut, aber das macht die Arbeit auch oft unnötig komplex an den Schnittstellen.

Wie stehen Sie zur „Glaubensfrage“ Open BIM vs. Closed BIM?
Bei Closed BIM nutzt man die proprietären Daten eines Herstellers, Autodesk zum Beispiel. Alle Beteiligten bleiben also in der Autodesk-Welt. Dadurch beherrscht man die Schnittstellen, man kann sich optimal austauschen. Wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Closed-BIM-Projekt und einem Open-BIM-Projekt, tendiere ich zum Closed-Projekt, weil es da einfach weniger knirscht und wir für uns alles Notwendige umsetzen können. Jeder ist unterm Strich glücklicher mit der Gesamtsituation, weil es funktioniert. Bei Open BIM ist man zwar in der Lage mit allen zusammenzuarbeiten, egal mit wem. Aber man hat mehr Schnittstellenprobleme, daher muss man abwägen. Jedoch bin ich der Meinung, dass kein Weg an Open BIM vorbeiführt, denn die Datenintegrität und die vollumfängliche Funktionalität wird nur gewährleistet, wenn alle Parteien in ihren Tools der Wahl arbeiten können und sich nicht von einem Hersteller abhängig machen. Und ganz sicher weiß man es immer erst hinterher, wenn man den Weg schon gegangen ist.

Das war der 4. und letzte Teil des Interviews. Über unsere Social-Media-Kanäle halten wir Sie über weitere spannende Blog-Beiträge auf dem Laufenden.